Frauen mit Diabetes erkranken oft stärker als Männer – warum, ist noch nicht vollständig geklärt
In Österreich leben rund 3,4 Millionen Menschen mit Übergewicht bzw. Adipositas, das hat die letzte Gesundheitsbefragung 2014 ergeben. Bei Männern tritt Fettleibigkeit mit 16 Prozent etwas häufiger auf als bei Frauen mit 13 Prozent.
Überschüssiges Bauchfett erhöht das Risiko, an einer
Glukoseintoleranz oder einem manifesten Typ-2-Diabetes zu erkranken. Auch wenn
Frauen etwas seltener von solchen Störungen des Zuckerstoffwechsels betroffen
sind – die Folgen sind für sie oft drastischer. Warum Diabetes für Frauen ein
größeres Gesundheitsrisiko darstellt als für Männer, ist eines der Themen auf
dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGMI) in
Mannheim stattfindet.
Ungünstigere
Entwicklung des Fettstoffwechsels
„Übergewicht ist mehr als nur ein kosmetisches Problem“,
sagt Petra-Maria Schumm-Draeger, Vorsitzende der DGIM und Ärztliche Direktorin
des Zentrums Innere Medizin/Fünf Höfe in München. Übergewicht und Diabetes sind
bekannte Risikofaktoren für andere Krankheiten, wie etwa
Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Störungen des Fettstoffwechsels. „Diese Risiken
manifestieren sich bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern“, sagt
Schumm-Draeger und verweist auf aktuelle Studien zum Thema. Diese belegen, dass
Diabetes bei Frauen mit einem vier- bis sechsfach erhöhten Risiko einhergeht,
eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln. Bei Männern steigt das Risiko
nur etwa auf das Zwei- bis Dreifache.
Auch der Fettstoffwechsel entwickelt sich bei Frauen oft
ungünstiger als bei Männern: Bei ihnen lassen Diabetes und Übergewicht das
ungünstige LDL-Cholesterin und die Triglyzeride eher in die Höhe schnellen, das
günstige HDL-Cholesterin dagegen nimmt stärker ab. Letztlich liegt auch das
Risiko, an einem Herzinfarkt oder anderen Herz-Kreislauf-Komplikationen zu
sterben, bei diabetischen Frauen deutlich höher als bei Männern mit derselben
Grunderkrankung.
Ursache unklar
Weil Zuckerstoffwechsel, Fettstoffwechsel und das
Herz-Kreislauf-System eng miteinander verknüpft sind, sprechen Mediziner auch
von einem „kardio-metabolischen“ Risiko. Dieses gelte es möglichst frühzeitig
zu erkennen und konsequent zu behandeln, so die Endokrinologin und
Diabetologin. Dabei müssten alle beteiligten Risikofaktoren berücksichtigt und
auch ihre unterschiedliche Gewichtung bei Männern und Frauen im Auge behalten
werden.
Erschwert wird diese Aufgabe dadurch, dass noch nicht
geklärt ist, warum Frauen stärker unter den Folgen eines Diabetes leiden als
Männer. „Als Erklärung kommen einerseits die weiblichen Hormone infrage. Auf
der anderen Seite aber auch geschlechtsspezifische Ernährungs- und
Verhaltensmuster“, sagt Internistin Schumm-Draeger. Für beide Erklärungsmodelle
gebe es Hinweise aus Studien.
Aufklärung und
Prävention
Auch psychische Faktoren könnten eine Rolle spielen: So
entwickeln Frauen mit Übergewicht häufiger eine Depression und sind anfälliger für
Essstörungen. Gesichert ist auch, dass Frauen mit bereits bestehenden
Herz-Kreislauf-Erkrankungen weniger konsequent mit Medikamenten behandelt
werden als Männer. Auch das kann den weiteren Verlauf der Erkrankung negativ
beeinflussen.
Mit Sorge erfüllt es Schumm-Draeger daher, dass die seit
Jahren anhaltende Zunahme des metabolischen Syndroms und Adipositas gerade bei
jungen Frauen im gebärfähigen Alter besonders stark ausgeprägt ist. In dieser
Altersgruppe wären Aufklärung, Prävention und Behandlung besonders wichtig,
denn Kinder übergewichtiger Mütter neigen später selbst dazu, Übergewicht und
Stoffwechselstörungen zu entwickeln. Hier sieht die Vorsitzende der DGIM auch
die Politik in der Pflicht – „denn sonst geben wir das Problem weiter an die
nächste Generation.“
Artikel vom 01.05.2017; bezogen am 02.05.2017, www.derstandard.at/2000056715686/Diabetes-Hoeheres-Risiko-fuer-Folgeerkrankungen-bei-Frauen
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